Arbeitgeber-Attraktivität steigern

Arbeitgeber attraktivität steigern

Arbeitgeberattraktivität in Zeiten von New Work

Die Mit-Initiatorin unseres New Work-Projektes im Interview

Stefanie Rütten (geb. Bathen) ist Arbeit- und Organisationspsychologin, freiberufliche Beraterin für Gesundheitsmanagement und Organisationsentwicklung – und Mit-Initiatorin des Zielwerk-Projektes Workstyles.de. Neben Beratungsprojekten, Vorträgen und Workshops für Unternehmen wie die Deutsche Bahn, Krankenkassen, Schulen, Universitäten und Fortbildungsinstitute hat sie New-Work-Experten in ganz Europa besucht und interviewt. Hier beantwortet sie Fragen zu den Themen New Work und Arbeitgeberattraktivität.

Rütten - Kommunikationsstrategie

Hast Du Unterschiede zwischen den Interviewpartnern und Deinen Kunden in Deutschland festgestellt?

Auf jeden Fall. Schwerpunktmäßig führe ich ja in Deutschland Beratungen und Workshops für größere Mittelständler, Konzerne oder Bildungsträger durch. Oft haben diese eine lange Tradition. Dort sind die Strukturen meist komplexer und auch schwerfälliger, als bei den oft kleinen und agilen Unternehmen und Freelancern, die wir interviewt haben. Die sind mutig genug, zu experimentieren und sich immer wieder zu verändern und weiterzuentwickeln. Sie sind sehr gut vernetzt und tauschen sich über ihre Unternehmensgrenzen aus. Und sie ziehen ihre Motivation aus einem hohen Maß an Selbstbestimmtheit und Gestaltungsfreiheit – die für sie wichtiger ist, als nur wirtschaftlicher Erfolg.

Mut zur Veränderung, Vernetzung und Selbstbestimmtheit: Ich bin überzeugt, dass man diese Eigenschaften auch wieder in größere Unternehmen reinholen kann und muss, um sie zukunftsfähig zu machen.

Welche „New Work“-Trends sind Dir in Deiner Arbeit denn aufgefallen?

Da gibt es eine große Spreizung – oft auch innerhalb eines Unternehmens und Konzerns. Auf der einen Seite gibt es nach wie vor in Deutschland Produktions- und Büroarbeitsplätze, die eher an Massentierhaltung erinnern. Häufig sind das einfache, niedrig bezahlte Arbeiten, wo man die Arbeitnehmer vermeintlich leicht ersetzen oder in Zukunft wegdigitalisieren kann.
Auf der anderen Seite wird, nicht zuletzt auf Grund des Fachkräftemangels, auch viel in die Mitarbeiter investiert und mehr auf die individuellen Bedürfnisse und Lebenssituationen der Menschen eingegangen. Bezeichnend dafür ist beispielsweise, dass im letzten Tarifvertrag der Deutschen Bahn eine Wahlmöglichkeit vorgesehen wurde: mehr Geld oder mehr Urlaub oder eine Kürzung der Arbeitszeit. So etwas hätte man sich vor ein paar Jahren noch nicht vorstellen können. Aber es ist auch nur ein erster Schritt.

Die konsequente Ausrichtung an den individuellen Bedürfnissen der Arbeitnehmer ist sicher ein Rezept für eine höhere Arbeitgeberattraktivität – und somit auch für eine motiviertere Belegschaft und ein produktiveres Unternehmen.

Was ist dabei aus Deiner Sicht die größte Herausforderung für die Unternehmen?

Ich glaube, dass pauschale Rezepte nicht mehr funktionieren, sondern sehr viel individuellere Lösungen entwickelt werden müssen. Das ist eine neue Herausforderung, auch für die Führungskräfte und das Management. Man sieht das zum Beispiel beim Thema Homeoffice: lange war das undenkbar, dann gab es in einigen Bereichen den Trend das inflationär einzusetzen. Aber die Wahrheit ist doch: das muss für jedes Unternehmen und jeden Arbeitsplatz und Arbeitnehmer individuell betrachtet werden. Wie viel Homeoffice gut für die Arbeitsleistung eines Teams ist, kann ja nicht pauschal beantwortet werden. Es muss abgestimmt sein, auf die Arbeitsabläufe und die Bedürfnisse des Unternehmens, seinen Kunden und der Teammitglieder. Ein Prozess der am besten gelingt in einem engen Dialog zwischen Führungskräften und Mitarbeitern, aber diese – manchmal auch anstrengenden – Dialoge werden noch viel zu selten geführt und statt dessen will man mit Standardlösungen alle gleich behandeln.

In Workshops erlebe ich immer wieder, dass die Mitarbeiter sehr dankbar sind, wenn ihre Bedürfnisse und Wünsche ernst genommen werden – und sie ja auch gleichzeitig ein persönliches Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des Arbeitgebers haben. Wird dieser Aushandlungsprozess geführt und moderiert, ist das Ergebnis oft für beide Seiten ein Gewinn.

Ein Schwerpunkt Deiner Arbeit liegt im Bereich des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Ist das auch ein „New Work“-Thema?

Ganz sicher. Nicht zuletzt durch die fortschreitende Digitalisierung gibt es hier viele Berührungspunkte: Unternehmen setzen E-Learning-Plattformen zum Ausbau der Gesundheitskompetenzen ein, sie überlegen wie Arbeitsplätze im Homeoffice gesund gestaltet werden können, sie experimentieren mit Schrittzählern und anderen Self-Tracking-Tools und digitalisieren die Zeiterfassung.

So gut gemeint diese Ansätze jedoch auch sind: aus meiner Sicht gehen sie am eigentlichen Problem vorbei. Was nutzt es, wenn ein Arbeitnehmer zum Feierabend pünktlich ausstempelt, aber dann doch weiterarbeitet, weil das von Kunden, Kollegen oder Chefs unausgesprochen erwartet wird. Oder wenn jemand zwar einen gesunden Rückenstuhl und einen Yogakurs spendiert bekommt, aber das Arbeitspensum und der Leistungsdruck so hoch ist, dass das zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führt.

Das häufig genutzte Schlagwort BGM (Betriebliches Gesundheitsmanagement) finde ich mittlerweile sogar schwierig, denn für viele ist es die Überschrift für Maßnahmen, die als oberflächliche Marketingveranstaltung inszeniert und nicht wirklich ernst genommen werden. Dabei ist die nachhaltige physische und psychische Gesunderhaltung der Mitarbeiter der wichtigste Faktor für die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens. Deshalb ist das auch kein Nischenthema, sondern muss von der Geschäftsführung dauerhaft gefordert und unterstützt werden – als wesentliche Leitlinie in allen Unternehmensbereichen.

Die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter ist nicht durch ein paar Gesundheitskurse aufrecht zu erhalten. Sie muss auf allen Ebenen gefördert werden: durch einen starken Teamgeist und exzellente Führung, gute interne Kommunikation und offenen Dialog, eine gelebte Unternehmenskultur und klare Leitlinien. Nur so wird ein Arbeitgeber auch in Zukunft seine besten Arbeitnehmer binden und für neue Mitarbeiter attraktiv sein.

Mehr zu Stefanie Rütten auch unter www.stefanieruetten.de

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