Wie man Kreativen eine Heimat gibt

Creative Edinburgh

Creative Hub Edinburgh

Claire Stewart ist Direktorin des Hubs „Creative Edinburgh“. Wie betreut man fast 4.000 Kreative? Und was genau ist ein Hub? Das erzählt sie uns in Edinburgh.

Ein Hub – darunter versteht man einen Verkehrsknotenpunkt, so wie die großen Flughäfen in London, Frankfurt oder Paris. Hier treffen Reisende aus allen Richtungen aufeinander, mit unterschiedlichsten Interessen und verschiedensten Zielen. So funktioniert auch das Prinzip der European Creative Hubs, eine Initiative unter Leitung des British Councils und mitfinanziert von der Europäischen Kommission. Hier kommen Kreative aus allen Fachrichtungen zusammen: Designer, Musiker, Filmemacher, App-Entwickler, Künstler. Hier treffen Freelancer auf etablierte Unternehmer der Kreativbranche.

Edinburgh – eine Stadt für Kreative

Über 50 Hubs gibt es bereits in Europa – von Zypern bis Estland, von Berlin bis Bukarest. Dabei existieren die Hubs auf meist zwei Ebenen: als virtuelles Netzwerk – und ganz real. So wie in Edinburgh. Hier treffen wir die Direktorin Claire Stewart von Creative Edinburgh in den Räumen der „CodeBase“ direkt unterhalb des historischen Schlosses. „Schottland ist ein toller Standort für Kreative und Startups. Wir haben hier relativ günstige Lebenshaltungskosten, eine hohe Lebensqualität und insbesondere in Edinburgh ein sehr reichhaltiges und lebhaftes Kulturangebot. Deshalb ist die Kreativindustrie auch der am stärksten wachsende Industriezweig.“, schwärmt Claire.

Ein weiterer Grund für die wachsende Anzahl an Freelancer-Kreativen ist aber auch dem Umstand geschuldet, dass in den vergangenen Jahren Arbeitnehmer-Verträge stark „flexibilisiert“ wurden. Diese bieten deutlich weniger Sicherheit als früher. Das steigert im direkten Vergleich die Attraktivität von Freelance-Arbeit.

Das Netzwerk wächst

Beachtliche 4.000 Mitglieder hat das Netzwerk heute. Darunter Studenten ebenso wie große Werbeagenturen, die hier auch neue Freelancer und Mitarbeiter rekrutieren. Rund 10% von ihnen sind zahlende Mitglieder. Von diesen Beiträgen und Sponsorengeldern trägt sich die Initiative – ergänzt um Fördergelder der schottischen Regierung und der EU. „Wir bieten unseren Mitgliedern ganz unterschiedliche Services. Das wichtigste ist aber das Herstellen von Kontakten, der Aufbau von Netzwerken und der Wissensaustausch. Immer mit dem Ziel, dass die Kreativen ihre Talente bestmöglich einsetzen können und gleichzeitig auch genug Geld verdienen können“, so Claire.

Dafür gibt es bei Creative Edinburgh eine ganze Toolbox mit unterschiedlichen Maßnahmen – über das Netzwerk von Creative Hub Europe werden diese auch international ausgetauscht und weiterentwickelt. Dazu gehören:

  • Regelmäßige Events mit Vorträgen, z.B. die Reihe „Creative & Corporate Love“, bei der Konzern-Unternehmer auf Kreative treffen
  • Profile der Kreativen auf der Creative Edinburgh Website, viele davon sogar mit Videos-Portraits, in denen die Kreativen vorgestellt werden https://vimeo.com/creativeedinburgh
  • Lobbying für die Kreativindustrie, u.a. auch ein eigener Kreativ Award
  • Kuratierte Co-Working Spaces – z.B. in den Räumen der CodeBase, in denen mehr als 100 Tech-Startups arbeiten und sich so ideal mit den Kreativen befruchten können
  • Individuelle Beratung und Vernetzung, z.B. durch Mentoring-Programme
Codebase

Regelmäßige Veranstaltungen für Freelancer sorgen für Vernetzung und Austausch.

  • Mentoring-Programm für den Nachwuchs
  • „Ich war selbst einmal als Mentor hier aktiv und es ist wirklich eine sehr bereichernde Erfahrung – für beide Seiten. Die ehrenamtlichen Mentoren selbst werden von uns in einem kompakten Training geschult und auf ihre Aufgabe vorbereitet. In einem Matching-Verfahren bringen wir dann Mentor und Mentee zusammen. Wenn es passt schließen beide zusammen eine Vereinbarung (Mentoring Agreement) in der sie die wichtigsten Punkte der Zusammenarbeit festschreiben.“
    Interessanterweise ist es gar nicht zwingend so, dass beim Mentoring-Programm „alte Hasen“ ihre Erfahrung an den Nachwuchs weitergeben. Oft funktioniert es auch umgekehrt: Junge geben ihr Expertenwissen an Ältere weiter, die sich beruflich neu orientieren möchten. In jedem Fall entsteht ein reger Austausch von Wissen und Kontakten – und von all dem profitiert letztendlich auch das Gesamtnetzwerk von Creative Edinburgh. Alles Bestens also?
  • Die schottische Zukunft
  • „Der drohende Brexit – den wir Schotten ja gar nicht wollten – ist eine echte Gefahr für uns. Gerade die Kreativbranche lebt von ihrer Weltoffenheit und internationalem Austausch. Bereits jetzt sehen wir erste Kreative wegziehen, weil ihnen die Zukunft auf der Insel zu unsicher erscheint. Ich hoffe, man findet hier eine gute Lösung und einen klaren Fahrplan, der auch im Sinne unserer Kreativen ist.“

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